Es gibt wenig schöneres, als an einem lauen Sommerabend über die alte Landesbahn des Flughafen Tempelhof zu spazieren und den Sonnenuntergang zu beobachten. In der einen Ecke das imposante Flughafengebäude. Mitten drin die Skater, Radfahrer, Jogger und Griller. Im Süden schließlich fließt der Verkehr und erinnert einen, dass man sich mitten in einer pulsierenden Metropole befindet. Gleichzeitig ist das weit weg und die Gedanken fangen an zu fliegen…
Mit der Europawahl haben die Berliner heute die Möglichkeit über die Zukunft des Tempelhofer Feldes abzustimmen. Eine nicht leichte Entscheidung, wie auch eine eben auf Twitter geführte Diskussion zeigt.
Ich möchte nicht für Stillstand votieren und kann mir eine behutsame Randbebauung – zum Beispiel entlang des Columbiadamms – durchaus vorstellen. Auf der anderen Seite halte ich den Entwurf des Senats für unausgegoren und voreilig.
Ja, in Berlin gibt es eine Nachfrage nach günstigem Wohnraum. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass sämtliche innerstädtischen Freiräume in Frage gestellt werden. Diskussionen um Mediaspree, das RAW-Gelände und das Tempelhofer Feld zeigen, dass in der Abwägung zwischen Freiraum für Kreativität und Investoren im Zweifel immer die Investoren am längeren Hebel sitzen. Eine Entwicklung, die schädlich und kurzsichtig ist. Denn mit der Kreativität stirbt das wichtigste Kapital, das Berlin zu bieten hat.
Am Reißbrett durchgeplanter Wohnraum statt gewachsene Wohnstrukturen, hinzu eineimposante Landesbibliothek und das Feld abgeschnitten von der Stadtautobahn als eine Art Schlagader. Die Frage nach der kulturellen Nutzung des Flughafengeländes ungelöst. Was geschieht nach den ersten Klagen wegen des Lärmschutzes? Kann es in Zukunft keine Festivals mehr am Flughafengebäude geben, weil neue Anwohner sich gestört fühlen?
Genügend Freiflächen in Berlin
In Berlin gibt es noch sehr viele zu bebauende Freiflächen. Platz für tausende Wohnungen, wie auch der Tagesspiegel heute vorrechnet. Gleichzeitig wird der Kampf um innerstädtische Kleingartenkolonien – den eigentlich für die Bebauung vorgesehenen Reserveflächen – verbittert geführt (Darüber können heute aber nur die Bürger von Charlottenburg-Wilmersdorf abstimmen). Anstatt das Feld voreilig zu bebauen, sollte eine breit geführt Diskussion über die Zukunft unserer Stadt geführt werden. Ich finde es in Ordnung, dass die Mieten in Mitte höher sind, als außerhalb des Zentrums. Berlin lebt von seinen Freiräumen. Deshalb werde ich heute gegen den Gesetzentwurf des Senats stimmen. Bezüglich des Vorschlags der Träger des Volksbegehrens werde ich mich wohl in der Wahlkabine entscheiden.
PS: Mein Freund Johannes ist anderer Meinung als ich.
1 Kommentar zu „Die Sache mit dem Tempelhofer Feld – was Berlin braucht“
Das Problem ist doch auch: Wann wurde denn in letzter Zeit erschwinglicher Wohnraum geschaffen? Wann immer der Senat irgendwo was mit Bebauung plant, geht es immer nur um irgendwelche Luxus-Quartiere. Davon hat Berlin wahrlich genug und viele Berliner sicherlich die Schnauze voll.
Wie du selbst schreibt, wenn man da am Rand, Richtung Columbiadamm eine kleine, familienfreundliche Siedlung mit bezahlbaren Wohnungen bauen würde, hätte sicher kaum jemand was dagegen. Aber das passt so ja leider nicht in Herrn Wowereits Luxus-Berlin-Plan.